Familienbuch Euregio

Marie Luise Frank
* 17.12.1880 jd Köln    + 18.02.1942 Litzmannstadt
Beruf: Gymnastiklehrerin 
[Geburtsurkunde] Köln 1880/5264, Marie Luise Frank, Tochter des Kaufmanns Alexander Frank und seiner Ehefrau Emilie Frank geborene Frank, wohnhaft zu Köln, Perlengraben 108, beide israelitischer Religion, wurde am 17.12.1880 in Köln geboren. (2Randvermerke: 1. Köln, am 17.März 1939. Das nebenbezeichnete Kind Marie Luise Frank führt auf Grund der Verordnung vom 17.8.1938 zusätzlich den Vornamen: Sara. 2. Köln, am 3. August 1949. Der vorstehende Randvermerk wird hiermit auf Anordnung des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen (Abt.: 18 - 2 Dr. R. / M.) vom 15. Februar 1947von Amtswegen gelöscht. 
[Familienforschung] Marianne Wintgen, Marie Marion Frank ist am 18.02.1942 in Litzmannstadt (Lodz)Ghetto gestorben; Ausbildung zur Gymnastiklehrerin ohne den Beruf jemals ausgeübt zu haben. Sie war unverheiratet und in der Familie als feine Dame beschrieben, die Poesie liebte und Gedichte zum Vergnügen übersetzte. Sie soll Gartenliebhaberin gewesen sein und hatte eine Kakteen-Sammlung, darunter einen Kaktus, der nur einmal im Jahr blühte. Während der NS-Zeit wurde ihre lebenslange Haushälterin Sophie gezwungen zu gehen, weil es den Christen nicht erlaubt war, für Juden arbeiten. Wohnte später mit Alfred Frank, ihrem Onkel zusammen, den sie bis zu seinem Tode auch betreute. 
[Familienforschung] Berta Frank, Notizen aus ihrem Tagebuch über die Deportation von Marie Marion Frank 17.10.41: Innerhalb von 3 od. 4 Tagen mußten die Juden ihr ganzes Hab und Gut aufschreiben. Das Vermögen, die gesamte Tischwäsche, Bettwäsche, Taschentücher Unterwäsche, Kleider Schuhzeug, also kurz, alles mußte angegeben werden. Die Aufregung, die solch eine Action bei uns immer mit sich bringt, ist gräßlich. ... Der Zettel mit der Aufstellung ist glücklich fort, als Vater am Mittwoch die Nachricht vom Asyl bringt, daß die 3 dort wirkenden Ärzte am kommenden Donnerstag nach Polen müssen. Eben war Vater hier und sagte, daß 20 000 Juden nach Lodz kämen, davon 1000 Kölner am Dienstag, das zweite Tausend aus Köln in der darauf folgenden Woche. Die ersten Betroffenen haben schon die Nachricht, T. Rie (Marie Frank) befindet sich darunter. Die Eltern versuchen, sie mit Hilfe der Atteste hier behalten zu können. Mutter wollte heute mit ihr zu einem Amtsarzt. Die Juden dürfen 50 kg Gepäck mitnehmen, haben sich am Dienstag in der Messehalle einzufinden. Am Mittwoch sollen sie dann nach Lodz fahren. Die arbeitsfähigen Leute werden dort in den Fabriken arbeiten, die arbeitsunfähigen müssen die Wohnräume sauber halten. Jeder Jude darf 100 RM mitnehmen. Vater fand, daß T. Rie recht gehalten sei. Ich finde, daß sie das bei besonders unangenehmen, plötzlich an sie herantretenden Nachrichten immer ist. Gott mag wissen, wohin alles führt. Er hilft. 23.10.41: Ja. T. Rie ist sehr tapfer gewesen. Manchmal hatte ich das Gefühl, Sie wisse nicht voll und ganz, was bevorstünde. Aber in der Messehalle sagte sie noch zu mir, sie wolle von all dem leid, das um sie herum säße nichts hören, sie könne es nicht ertragen. Also hatte sie doch ihr Inneres verkapselt gegen die äußeren Einflüsse, um die sie wohl wußte. Ich bin die letzten Tage jeden Abend nach hause gefahren um eventuell helfen zu können. Die Wohnung sah aus wie ein Zigeunerlager. T. Ries Wäsche und Kleidung bedeckte jeden freien Tisch das Sofa und die Betten. Die ganzen tage waren ausgefüllt mit Überlegungen. Wie packen wir am praktischsten, wie am leichtesten, wie am bequemsten? Was ist mitzunehmen! Was ist am wärmsten? x mal ist das Gepackte wieder auseinander genommen worden, ehe es richtig war. Zum Schluß blieben: Ein Rucksack, ein großes Sofakissen, in dem sich das kleingeschnürte Federbett befand, eine Rolle, bestehend aus Wolldecken und eine Futtertasche und ein kleiner Handkoffer das auserwählte Gepäck. T. Rie bekam viele Medizinen, Nährmittel in kleinen Leinensäckchen, Zucker, Süßigkeiten u.s.w. mit. Ein Brot kam in den Rucksack, Butter und Aufschnitt in den Beutel. T. Ännchen schmierte die Brote zum Mitnehmen, so lecker, daß T. Rie sich schon drauf freute.Montags morgens um 5 weckte Mutter, half T. Rie in die Kleider, die sie doppelt und dreifach anzog: 2 Hemdhosen, 2 Wollhosen 2 Paar Wollstrümpfe. Wolljacke Wollunterrock. 2 Kleider 2 Mäntel. 1 Trainingshose. Um 6 Uhr holte uns ein Lastauto ab. Es war stockduster. Fast als die Ersten erreichten wir das Messegelände. Innerhalb von einer Stunde war es aber pickevoll. Ein ungeheures Elend. Ein herzkranker alter Mann z.B. bat mich, ihm bei seinem Gepäck zu helfen, seine Frau sei gehbehindert und könne nicht tragen. Herr Dr. K. war da, mit seinen 2 Kindern 3 und 1 Jahr alt mit Kinderwagen. Als es hell wurde mußten die Evakuierten nach Buchstaben geordnet durch ein Stacheldrahttor hindurch zur Messe ziehn. In der Halle war ebenfalls alles nach Buchstaben eingeteilt. Wir legten also unser Gepäck bei F ab. Es gingen viele Franks mit. Auf den riesen Koffern standen die Namen mit weißer Tusche geschrieben. T. Rie saß auf ihrem Gepäck. Ein Herr hätte sie bald umgeworfen indem er hinter T. Rie einen Koffer fortzog. Durch Entschuldigung und Begrüßung ergab sich, daß der Herr ein Verwandter von uns ist, von Bedburg her. Er wußte von der Friedensstraße und der Heinrichstraße und heißt Ernst Frank. Da auch er alleine mitmußte, erbot er sich T. Rie zu helfen. Der neue Vetter wußte, daß das Lager bei Lodz ehemalig für Wolybiendeutsche errichtet worden sei, also in etwa ordentlich gebaut sein müsse. Es seien Holz- und Steinhäuser da, welche letzteren für die alten Leute bestimmt seien. Waschgelegenheiten müßten auch dort sein. Vater versuchte umsonst sich eine weiße Ordnerbinde zu verschaffen, um in der Messe bleiben zu können. Gegen 10 Uhr nahmen wir Abschied. Man jagte uns. Das Asyl schickte Mittagessen in die Messe und nachmittags Kaffe und Tee. Nachmittags konnte Vater T. Rie noch mal sprechen. Mit einer weißen Jacke angetan, ein paar Tellern unter dem Arm konnte er hingehn. T. Rie hätte ruhig neben dem neuen Vetter gesessen und etwas gegessen. Am nächsten Morgen, nachdem die Armen auf Stroh geschlafen hatten, wurden sie recht unsanft in die Bahn befördert. Von ihrem Gepäck hatten sie nur Schlaf- und Eßzeug mitnehmen sollen. 
[Gedenkbuch] Frank, Maria Marie-Luise Marion , geboren am 17.12.1880 in Köln / - / Rheinprovinz, wohnhaft in Köln, Deportation: ab Köln 22.10.1941, Litzmannstadt (Lodz), Ghetto; Todesdatum: 18.02.1942, Todesort: Litzmannstadt (Lodz), Ghetto; Schicksal: für Tod erklärt 
Opfer der Shoa
Eltern: Alexander Frank und Emilia Frank
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